Ein Roman über Pseudowissenschaft
und kritisches Denken
Ulli Gerer
Ware Hoffnung
Blog

Wünschelrute und Pendel – Der Carpenter-Effekt

Fr, 11.08.2023

Kürzlich hatte ich wieder eine dieser merkwürdigen Diskussionen:

„Ich kenne da einen Brunnenbauer, der findet mit der Wünschelrute jede Wasserader. Das klappt immer!“

Was antwortet man da am besten? Ich habe mich darauf beschränkt, dass man bei uns fast überall Wasser findet, wenn man ein Loch in den Boden bohrt und deshalb die Trefferquote des feinsinnigen Brunnenbauers naturgemäß sehr hoch ist. Tiefer wollte ich in das Thema nicht einsteigen.

Aber warum sind Rutengänger davon überzeugt, zwei Drahtstücke ließen sich irgendwie vom Wasser so beeindrucken, dass sie anfangen zu zucken?

Dahinter steckt wieder einmal eine Selbsttäuschung. Diesmal ist es aber nicht direkt die Wahrnehmung über die Sinne, die uns veralbert, sondern unsere Muskeln. Die können nämlich kleinste Bewegungen ausführen, ohne dass wir das merken. Diese unbewussten Aktionen führen dazu, dass ein Pendel in einer bestimmten Richtung schwingt, die Wünschelrute ausschlägt oder der Finger auf dem Ouija-Board ein bestimmtes Buchstabenfeld ansteuert.

Die Bewegungen führen dabei zu einem erwünschten Ergebnis, das uns aber nicht unbedingt bewusst sein muss. Im Falle der Wünschelrute können das äußere Einflüsse sein, etwa eine bestimmte Vegetation oder andere Merkmale der Umgebung. Rutengänger sind sich allerdings sehr sicher, dass sie das Ergebnis nicht selbst beeinflussen.

Aber wie können wir wissen, dass es nicht doch eine unbekannte, mystische Kraft gibt, die Rute, Pendel etc. beeinflusst? Zunächst hilft da Ockhams Rasiermesser, also die Methode, unter vielen möglichen Erklärungen jene mit den wenigsten notwendigen Nebenbedingungen zu bevorzugen. Der ideomotorische Effekt oder Carpenter-Effekt ist bekannt und gut erforscht. Das macht andere Erklärungen weitgehend überflüssig, besonders wenn diese allem widersprechen, was wir über die Natur wissen. Erdstrahlen und Wasseradern zu erfinden ist schlicht nicht notwendig.

Sollte man das Phänomen Rutengehen trotzdem weiter erforschen? Natürlich, das wird ja auch gemacht. Die GWUP etwa hat in unzähligen verblindeten Versuchen und unterschiedlichen Settings mit Probanden, die auf die ausgelobten 10.000 Euro hofften, deutlich gezeigt, dass unter kontrollierten Bedingungen von den angeblichen Fähigkeiten nur Zufallstreffere übrig bleiben.

Natürlich könnten wir lächelnd darüber hinwegsehen, dass es trotzdem Menschen gibt, die fest an solche übernatürlichen Fähigkeiten glauben. Spätestens, wenn dadurch eine Gefahr für Leib und Leben besteht, ist es jedoch mit dem Spaß vorbei. Etwa dann, wenn Heilpraktiker und andere Scharlatane behaupten, mit Hilfe von Pendeln oder Tensoren ernsthafte gesundheitliche Diagnosen stellen zu können.

Unter der Bezeichnung ADE 651 vermarktete ein britischer Geschäftsmann ein wünschelrutenartiges Gerät, das beim Aufspüren von Sprengstoffen helfen sollte. Für bis zu 40.000 Euro wurden diese Apparate unter anderem an Polizei und Militär im Irak verkauft. Der Chef des Unternehmens, Jim McCormick, wurde später wegen Betruges zu 10 Jahren Haft verurteilt.

In solchen Fällen kann kritisches Denken Leben retten. Vielleicht hätte aber auch ein Blick auf das Innenleben dieser Geräte schon geholfen.

 

 

Links:

Psiram: ADE 651

Psiram: Biotensor

Psiram: Ouija

Wikipedia: Carpenter-Effekt

Tagesspiegel: Dr. Rainer Wolf u.a. über die PSI-Tests der GWUP

PSI-Tests 2017 der GWUP: Die geheime Kraft der Wünschelrute ließ zu wünschen übrig